Privatverschuldung im Wandel der Zeit

In diesem Jahr durfte Deutschland mehrere runde Jubiläen begehen: Kürzlich am 9. November den zwanzigsten Jahrestag des Mauerfalls. Im Mai dieses Jahres feierte das Grundgesetz seinen sechzigsten Geburtstag – und damit auch die ganze Republik.

Wie hat sich die Privatverschuldung im demokratischen Deutschland vom Anfang bis heute entwickelt?

Verschuldung vergleichen

Der Vergleich von Geldbeträgen über größere Zeitspannen hinweg ist herausfordernd. Die Inflation sorgt dafür, dass man sich heute für den gleichen Geldbetrag weniger kaufen kann, als vor vielen Jahren. Daher sind dieselben Zahlen in verschiedenen Jahrzehnten unterschiedlich zu bewerten. Andererseits sind die Löhne zwischenzeitlich gestiegen.

Wenn man sich die Schulden in ganz Deutschland anschaut, muss man auch die Bevölkerungsentwicklung betrachten: In den Gründungsjahren der Republik lebten weniger Menschen in Deutschland als im neuen Jahrtausend, die Schulden verteilten sich demnach auf weniger Schultern.

Dass wir zwischendurch mit der Wiedervereinigung ein anderes, größeres Deutschland geworden sind, trägt ebenso wie die Währungsreform von Deutscher Mark zum Euro zu den Schwierigkeiten eines historischen Vergleichs bei.

Dennoch haben wir uns der Aufgabe gestellt: Um trotz der vielen Einflüsse zu einem aussagekräftigen Ergebnis zu kommen, vergleichen wir nicht nur die Privatverschuldung sondern auch das Bruttonationaleinkommen, dass früher Bruttosozialprodukt genannt wurde. So werden Schulden und wirtschaftliche Leistung ins Verhältnis gesetzt.

Schulden 1950–2008

Im Jahr 1950 summierten sich die privaten Schulden aller Bundesbürger auf rund 1 Milliarde D-Mark. Das Bruttonationaleinkommen lag im gleichen Jahr bei rund 105 Milliarden D-Mark. Die Schulden betrugen also etwas weniger als ein Prozent der wirtschaftlichen Jahresleistung.

2008 lag das private Schuldenvolumen bei 253 Milliarden Euro, während sich das Bruttonationaleinkommen auf rund 2,53 Billionen Euro steigerte. In Prozent ausgedrückt: Die Privatschulden der Bürger machten 10 % der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aus.

Das heißt, deutsche Bürger waren 2008 mehr als zehn mal so hoch verschuldet wie 1950, ein Jahr nach Gründung der Republik.

Zehn mal mehr Schulden – ist das schlecht?

Nein, so kann man das nicht sagen. Schulden können sowohl schädlich als auch wirtschaftlich sinnvoll sein. Es kommt immer darauf an, wofür man sich verschuldet – und ob man das Geld zurückzahlen kann. So stehen mehr Schulden zum einen für persönliche Geldnöte, andererseits auch für selbstbewusste Investitionen in die Zukunft.

Investitionen lohnen

ein kleines Haus

Übrigens auch eine Form der Altervorsorge: Wohneigentum.

Manche Investitionen lassen sich gar nicht ohne Schulden finanzieren. Unternehmen kennen das aus ihrem täglichen Geschäft. Es gilt aber ebenso für Privatpersonen: Kaum jemand hat das Geld für einen Hauskauf oder eine Eigentumswohnung auf dem Konto zu liegen. Wohneigentum wird fast immer über Schulden erworben.

Hierbei handelt es sich um eine sinnvolle Investition. Anstatt monatlich Miete abzugeben, die man nie wieder sieht, zahlt man einen Kredit für Haus oder Wohnung ab. Wenn alles gut läuft, ist man nach einigen Jahren Ratenzahlung Eigentümer, schuldenfrei und kann die fortan eingesparte Miete für andere Dinge ausgeben. Man erwirbt Eigentum und spart am Ende noch Geld dabei.

Schulden sei Dank.

Allerdings funktioniert das nur, wenn die Kreditrate bedient werden kann. Dafür braucht man eine gewisse Stabilität beim Einkommen. Plötzliche Arbeitslosigkeit oder eine Scheidung bergen Risiken. Man gibt ein Stück Unabhängigkeit auf, indem man sich an einem Ort verwurzelt. Nichtsdestotrotz ist das Eigenheim für viele das klassische Beispiel für sinnvolle Privatschulden.

Vorsicht bei Konsumkrediten

Anders sieht es aus, wenn man sich für reinen Konsum verschuldet. Solange der alte Fernseher noch funktioniert, ist ein neues Gerät auf Ratenzahlung unnötig. Ein Fernseher wirft keinen Gewinn ab, der die Kreditbelastung und damit verbundene Mehrkosten ausgleichen könnte.

Zudem verschenkt man nichts, wenn man erst genug Geld anspart, zum Beispiel auf einem gut verzinsten Tagesgeldkonto, und erst dann ein neues Gerät kauft.

Konsumkredite sind für den Kreditnehmer fast immer ein Minusgeschäft. Und: Je kurzlebiger das Produkt ist, umso weniger sinnvoll ist eine Ratenzahlung. Erfreulich ist daher, dass sich Konsumkredite in Deutschland in den letzten zehn Jahren konstant hielten, während beispielsweise in den USA und Großbritannien immer mehr auf Kredit gekauft wurde.

Quellen: „SchuldnerAtlas Deutschland 2009“ von Creditreform, „Das Geldsyndrom“ von Helmut Creutz
Bildmaterial: Wikimedia

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